Dienstag, 9. Juni 2009

Eine Nacht in Siliguri

Am Bahnhof von Jalpaiguri schieben sich auf den Bahnsteigen die Menschen aneinander vorbei. Kaum ein Gesicht eines westlichen Reisenden ist zu sehen. Jene Gesichter, die ich fuer die klassisch indischen halte dominieren das Bild, und doch deutet sich in den hier und da aufblitzenden nepalesisch/tibetischen Gesichtszuegen der fundamentale kulturelle Wechsel an, den ich mit meiner Reise nach Darjeeling erleben werde. Seit ein paar Tagen besitze ich einen Reisefuehrer, habe demanch sogar eine Herberge im Kopf, die ich nun ansteuern will. Was fuer ein beruhigendes Gefuehl, einen Plan zu haben...
Bis hierher faehrt der Zug von Kalkutta aus. Ab nun geht es in Richtung Darjeeling bevorzugt mit gelaendefaehigen Jeep-Taxis. Mit der Fahrradriksha geht es aber zunaechst noch nach Siliguri, dem grossen Geschwisterchen von Jalpaiguri, wo sich meine Herberge befindet. Ein schoener Ort, meine Herberge. der Rest der Stadt ist viel weniger gemuetlich, aber es herrscht eine spannende Atmosphaere - auch wegen der Dunkelheit. Der Strassenhandel, an dem ich mich anhand meines ueberschaubaren Hindiwortschatzes durch Obstkauf interaktiv beteilige ist auch nach Sonnenuntergang noch in vollem Gange. Morgen frueh will ich gegen 7h den ersten Jeep nach Darjeeling nehmen, fuer das Fruehstueck muss also jetzt gesorgt sein. Dafuer muss ich allerdings noch das Improvationstalent der Mitarbeiter eines Resaturants austesten, die ich um "two glasses of milk for take-away" aus ihrem Kuehlschrank bitte. Klappt alles. Gegen 23h sitze ich auf dem Balkon meiner Herberge, strecke die Beine aus, verputze eine Mango und reflektiere ein wenig ueber den Tag...
"Der Papst, faellt mir noch ein, hat mit der indischen Kuh eines gemeinsam: Beide koennen sich, weil Heiligkeiten, ein ziemlich asoziales Verhalten in Sachen "Verkehr" erlauben... da hoerts aber auch schon auf."
...und, zwei Kakerlakenmorde spaeter, etwas ernster:"Wie man die Welt um sich herum wahrnimmt haengt doch von dem Licht ab, in dem man sie betrachtet. Aber dieses Licht, in dem man die Welt sieht geht auch von einem selbst aus. Je offenherziger man ist, desto mehr Licht faellt auf die Welt, und umso klarer sieht man alles. Sogar Dinge, die man vorher Verurteilt hat werden ploetzlich verstanden... oder nicht?"
Soweit erst mal, lieb Gruss,

Rasmus


-Oberes Bild: Balkon meiner Herberge
-Unteres Bild: besagte indische Kuh im Strassenverkehr

1 Kommentar:

  1. Lieber Rasmus, immer wieder schön Deine Blogs zu lesen. Wie Du mit dem Schreiben nicht nachkommst so geht es mir mit dem Beantworten Deiner Mails und dem Kommentieren Deiner Blogs, da ich selbst alle Hände voll zu tun habe meine große Reise vorzubereiten.
    Doch da der letzte Absatz hier des Pudels Kern und mich im Herzen trifft möchte ich meinen Senf doch noch gern dazuschmieren, obwohl es eigentlich nicht wirklich was zu ergänzen gibt:
    Unser Bewußtsein ist ein Spiegel für die Welt. Alles was uns an dem Bild dieser Welt, welches er widerspiegelt, nicht gefällt und woran wir leiden, ist eine Folge der Trübungen und Verschmutzungen unseres individuellen Spiegels. Die einzige Aufgabe besteht daher für mich darin Schritt für Schritt die Reinheit dieses Spiegels anzustreben, bis er schließlich in vollständiger Leerheit von Begierden und Anhaftungen ohne etwas hinzuzufügen oder etwas fortzunehmen zum Spiegel der Unendlichkeit wird. Oder: Die Welt ist genau so groß, wie das Fenster, das Du ihr öffnest.
    roland

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